In den Räumlichkeiten des Mehrgenerationenhauses im Stadtteil Rohrbach, südlich von Heidelberg, soll ein inklusiver Coworking Space entstehen. Wir haben mit Linda Behrisch von habito e.V. über das Projekt gesprochen.
Habito e.v. ist ein gemeinnütziger Verein in Heidelberg und Träger des Mehrgenerationenhauses. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein einfaches Wohnprojekt: Der Träger versteht sich als Brückenbauer mit der Vision, Lebensorte und Orte der Begegnung zu schaffen, an denen Menschen unabhängig ihres Alters, sozialer oder kulturellen Herkunft zusammenkommen können. Ergänzend zu den vielfältigen Veranstaltungen und Workshops wird nun in den kommenden Monaten mit dem „MGHub“ auch ein Coworking Space ins Leben gerufen.
Peer-to-Peer Empowerment und Community-Building
Dabei richtet sich das niedrigschwellige Projekt ganz gezielt an die Menschen, die sich sonst eher scheuen, in einem „normalen“ Coworking Space zu arbeiten. „Unser Ziel ist es, eine barrierefreie Coworking-Atmosphäre zu erzeugen, aber eben für die Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen solche Orte nicht aufsuchen würden. Sei es, weil sie das Konzept nicht kennen, der Geldbeutel zu klein ist, sie sich einfach nicht trauen oder schlichtweg gar nicht wissen, was sie da machen sollen“, so Linda Behrisch.
Dabei geht es in erster Linie nicht unbedingt darum, dass vor Ort auch tatsächlich einer Arbeit nachgegangen wird. „Barrierefrei heißt nicht einfach nur, dass der Coworking Space für die Nutzenden kostenfrei ist und die Tür automatisch aufgeht. Barrierefrei und inklusiv bedeutet in diesem Zusammenhang auch die Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen der Zielgruppe, für die das Angebot gedacht ist. „Aus Erfahrung wissen wir, dass es gerade Langzeitarbeitslosen total guttut, einen Ort zu haben, an dem sie Struktur und Routine erfahren und auf Menschen zu treffen, die in der gleichen oder einer ganz ähnlichen Situation sind. Auch kleine, scheinbar banale Probleme – sei es eine Formulierung in der Bewerbung oder das Ausfüllen von Anträgen – können zu Überforderungsmomenten führen. Das ist für viele der Moment, an dem sie gar nicht erst weitermachen möchten. Die gegenseitige Unterstützung kann dabei unglaublich fruchtbar sein. An diesem Peer-to-Peer-Empowerment möchten wir ansetzen. Wir verstehen uns als eine Art nachbarschaftliches Wohnzimmer: Unsere Türen stehen jedem offen – egal ob alten und jungen Menschen, Menschen mit und ohne Behinderung, Studierenden, Geflohenen oder Rentnern. Wir sind davon überzeugt, dass nur so die Vielfalt einer Gesellschaft in Gemeinschaft gelebt werden kann. Das MGHub ist dabei ein weiterer Baustein dieser Vision“, schwärmt Linda.
Besondere Veranstaltungsformate
Der Communitygedanke und die Idee des Peer-to-Peer soll auch in den Veranstaltungen, die im MGHub stattfinden sollen, gelebt werden. Dabei soll es neben den fachlichen Workshops wie Bewerbungstraining oder Selbstmanagement auch Veranstaltungsformate geben, die von den Nutzenden selbst ins Leben gerufen werden. „Das können zum Beispiel Kochabende, Kaffeeklatsche oder Kartenspielabende sein. Im besten Fall können die Nutzenden sich in diesem geschützten Rahmen selbst ausprobieren und ihr eigenes kleines Projektmanagement durchführen. Wir von habito e.V. möchten die Menschen dabei begleiten und ihnen Ressourcen an die Hand geben, um ihre Idee selbst umsetzen zu können.
Betreuung im Coworking Space
Auch die Betreuung im Coworking Space weicht von der in normalen Coworking Sapces ab. Die logistischen Themen werden von einem inklusiven Hausmeisterdienst übernommen, mit dem wir auch bereits im Rahmen unseres Wohnprojektes zusammenarbeiten. Um auf die besonderen Bedürfnisse unserer Nutzenden bestmöglich eingehen zu können, haben die Betreuungspersonen einen sozialarbeiterischen Hintergrund. „Wir haben engen Kontakt zu der Zielgruppe, daher wissen wir, dass Beziehungsarbeit ein ganz zentrales Element der Arbeit ist, um Vertrauen aufzubauen. Daher möchten wir darauf achten, dass die Nutzenden im Coworking Space immer auf ein ihnen vertrautes Gesicht stoßen. Auch weil es wichtig dafür ist, eine familiäre Atmosphäre zu erzeugen“, erklärt Linda. Die Koordination werde erstmal sie selbst übernehmen.
Finanzierung und Eröffnung
Finanziert wird das Projekt über den habito Verein als auch aus Fördermitteln. Aber auch ein eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne hat das Team um Linda Behrisch auf die Beine gestellt. „Damit wir unseren Coworking Space und die nötige Ausstattung kostenfrei anbieten können, sind wir auf Spenden angewiesen.“ Der Space soll noch in diesem Jahr eröffnen und dann erstmal mit niedrigschwelligen Öffnungszeiten an den Start gehen. Der ca. 60 qm große Raum, der nun als Coworking Space aus- und umgebaut wird, soll dem Community-Gedanken folgend maßgeblich als Gemeinschaftsraum genutzt werden. „Wer aber trotzdem einen Raum für konzentriertes Arbeiten benötigt, kann zum Beispiel in unserer Holzjurte arbeiten. Die hat eine ganz tolle Atmosphäre und über WLAN verfügt sie auch“, schwärmt Linda. „Und wir haben eine großzügige Terrasse, die wir auch als Arbeitsbereich nutzen können“.
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