Dorf-Büros helfen den Menschen dabei, flexibler zu arbeiten. In unserer Reihe stellen wir einzelne Nutzerinnen und Nutzer solcher „Coworking Spaces“ vor. Heute: Alexandra Klöckner. Sie arbeitet im Coworking Space des TechnologieZentrums Koblenz (TZK).
Bei Koblenz kann man natürlich nicht mehr von einem „Dorf-Büro“ sprechen. Die persönlichen Vorteile, die man aus dem Arbeiten im Coworking Space zieht, können jedoch auch auf den ländlichen Raum übertragen werden.
Könnten Sie sich kurz vorstellen? Was machen Sie beruflich?
Mein Name ist Alexandra Klöckner, ich bin 40 Jahre alt und lebe hauptsächlich vom Schreiben. Ich interviewe erfolgreiche Persönlichkeiten für regionale Magazine, blogge für Unternehmen und bin Chefredakteurin des Familienmagazins JANU.
In welchem Coworking Space arbeiten Sie?
Ich arbeite im Coworking Space im TechnologieZentrum Koblenz, wo eine besonders gute Infrastruktur vorliegt. Meine Arbeit ist eine Mischung aus Homeoffice, Coworking Space und Auswärtsterminen. Für Titelstorys interviewe ich Unternehmer meist an ihrem eigenen Arbeitsplatz, bin also regelmäßig unterwegs. Ein wesentlicher Teil meiner Arbeit und meines Wesens ist das Netzwerken, was wiederum zur Teilnahme an zahlreichen Veranstaltungen führt. Das Coworking Space passt zu mir, weil ich hier unter Menschen bin und auf neue Ideen komme. Hier ergibt sich das Netzwerken fast von allein.
Haben Sie einen festen Rhythmus, wann Sie im Homeoffice und wann im Coworking Space arbeiten?
Das ist ganz unterschiedlich. Da ich zweifache Mama bin, muss ich Beruf und Familie unter einen Hut bekommen. Häufig erledige ich einen Teil meiner Arbeit vormittags im Coworking Space, danach fahre ich nach Hause und esse mit meinen Kindern zu Mittag. Je nach Wochentag stellen die Nachmittage eine Kombination aus Mama-Taxi, Haushalt und Arbeit im Homeoffice dar. Auch für die Schule müssen Dinge erledigt werden. Je länger ich Vokabeln abfrage oder mit meinen Kindern für anstehende Schultests übe, desto mehr Arbeit steht noch am Abend an.
Das heißt also, Sie wechseln Ihren Arbeitsplatz auch innerhalb eines Tages?
Meistens, aber nicht immer. Heute arbeite ich den ganzen Tag im Homeoffice, fahre aber am Abend zu einem geschäftlichen Meeting ins Coworking Space.
Das heißt, im Coworking Space im TechnologieZentrum kann man auch Besprechungsräume anmieten?
Richtig. Im TZK können Konferenzräume oder zum Beispiel auch der Design Thinking Raum reserviert werden. Doch je nach Tageszeit bietet sich auch das Coworking Space als schöner Ort für ein Meeting an. Es ist ein großer Raum mit unterschiedlichen Bereichen. Man muss sich das so vorstellen, dass in einer Hälfte des Raumes zwölf große Schreibtische stehen. Zusätzlich gibt es eine Sofaecke mit Stehlampen und kleinen Tischen. Hier kann man es sich gemütlich machen und Gespräche führen. Und dann gibt es noch einen hohen Tisch mit „Barhockern“ und großem Monitor. Ein guter Ort für Präsentationen. Das ist übrigens der Lieblingstisch von allen, die im TZK arbeiten. Auch von den Mitarbeitern der Startups.
Also gibt es dort auch Büros von Startups, die nicht direkt im Coworking Space arbeiten?
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Das TechnologieZentrum Koblenz ist das Zuhause der Startup-Szene dieser Region. Hier mieten ganz viele spannende Unternehmen mit jungen, sehr engagierten Leuten ihre Büros. Man bekommt sehr viel von den Startups mit, wenn man möchte. Das ist eine große Bereicherung.
Gibt es noch weitere Punkte, die Sie am Arbeiten im Coworking Space schätzen?
Mit Coworking verbinde ich vier Begriffe: Kreativität, Agilität, Weiterbildung und Netzwerk. Aktuell sind wir sechs Coworker aus sehr unterschiedlichen Bereichen. Natürlich kommuniziert man und lernt voneinander. Außerdem findet man im TZK in der Regel schnell jemanden, der sich auf dem Gebiet auskennt, für das man gerade Unterstützung benötigt. Man kann somit zügig auf Herausforderungen reagieren.
Das heißt, Ihre persönliche Arbeit profitiert vom Coworking Space?
Nicht nur ich selbst profitiere vom Coworking Space, sondern auch meine Kontakte. Zum Beispiel hat mich eine Freundin per Chat mal um Feedback für ein Logo gebeten, das sie für ihren Arbeitgeber entwerfen sollte. Da das nicht mein Fachgebiet ist, habe ich im Raum nach Unterstützung gefragt. Eine junge Frau, die gerade mit einem Startup ein Video vorbereitete, drehte sich um und meinte: „Ich bin Grafikerin. Was kann ich für dich tun?“ Sie sah sich die Logos an, gab Feedback und bot mir auch für die Zukunft ihre Unterstützung an. Das meine ich damit, wenn ich sage, dass man unter diesen Voraussetzungen auf viele Dinge schneller reagieren kann. Die Wege hier sind kurz.
Also würde Ihr Arbeitsalltag anders aussehen, wenn Sie nicht im Coworking Space arbeiten würden?
Da kann ich im Namen von vielen Coworkern sprechen. Zuhause wird man immer wieder abgelenkt. Alle Elektrogeräte um uns herum piepsen und erinnern uns an die Hausarbeit, die noch zu erledigen ist. Wenn man viel am Laptop arbeitet, erweckt das auch oft den Eindruck, man würde immer nur am Computer „spielen“. Ich habe mal einen Text über eine Freundin geschrieben, bei der das halbe Dorf dachte, sie würde von morgens bis abends im Internet shoppen. Wenn man Zuhause arbeitet, wird das oft vom Umfeld nicht richtig anerkannt. Sobald man ins Büro fährt, sieht die Sache ganz anders aus.
Verändert sich das Arbeiten für Sie also auch dadurch, dass Sie das Haus verlassen?
Unbedingt! Wenn ich an langen, aufwendigen Texten arbeite und im Flow bin, merke ich kaum, dass die Sonne auf- oder untergeht. Ich mache nahezu keine Pausen und brauche für diese Arbeitsweise mein Zuhause. Benötige ich jedoch Inspiration oder arbeite an mehreren Aufgaben, die keine stundenlange Konzentration erfordern, dann möchte ich raus. Wer das Haus verlässt, macht sich zurecht und bekommt ein ganz anderes Arbeitsgefühl. Ich liebe es, unter Menschen zu sein. Im Coworking Space findet Kommunikation statt, und auf lange Sicht kann eine Art Arbeitskultur entstehen, die man sonst nur innerhalb eines Unternehmens findet.
Gibt es bestimmte Aufgaben, die Sie lieber im Coworking Space erledigen?
Ja. Zum Beispiel aufgezeichnete Interviews abtippen. Das ziehe ich viel besser in einem Ruck durch, wenn ich im Coworking Space sitze. Kopfhörer an und auf geht’s. Für mich ist es aber auch die Freude am Kommunizieren, die das Arbeiten im TZK ausmacht. Kommt es zu längeren Gesprächen, die mich von meiner Aufgabe abbringen, profitiere ich trotzdem davon und erledige die Aufgabe dafür am Nachmittag zu Hause.
Welche Besonderheiten hat das Coworking Space im TechnologieZentrum Koblenz?
Das TZK ist direkt zwischen Universität und Mosel gelegen. Es ist ein besonderer Ort. Wir bilden zusammen mit den Startups eine Gemeinschaft. Das TZK veranstaltet BBQs, Karnevals- und Weihnachtsfeiern, aber auch spannende Veranstaltungen zum Thema Gründung. Es werden zudem Veranstaltungen für Leute von außen angeboten, teilweise in Eigeninitiative von den Mitarbeitern der Startups. Die Malkurse „Nacht der Farben“ sind sehr gefragt und bringen viele Menschen ins TZK. Duschen im Haus und der nahegelegene StattStrand sind in meinen Augen ein Stück Luxus. Man kann in der Mittagspause an der Mosel laufen, danach bequem duschen und im Sommer den Feierabend am Strand genießen.
Was für Chancen sehen Sie für Coworking außerhalb der Städte? Sehen Sie auch im ländlichen Raum eine Zukunft für Coworking Spaces?
Zunächst einmal stellt sich für mich die Frage, ob der Begriff „Coworking“ nicht eventuell problematisch ist. Damit erreicht man bei weitem nicht alle Menschen, für die ein Coworking Space interessant sein könnte. „Dorfbüro“ klingt zwar nicht sexy, passt aber in den ländlichen Raum und sagt, was es ist: ein Büro. In den Dörfern könnten sich Coworking Spaces sogar besser durchsetzen als in mittelgroßen Städten.
Viele Arbeitnehmer könnten sich die Fahrt zur Firma sparen. Oft arbeiten mehrere Mitarbeiter eines Unternehmens nahe beieinander und könnten somit gemeinsam im Dorfbüro arbeiten. Zumindest an einigen Wochentagen. Ein Dorfbüro dürfte zudem schnelleres Internet haben als so mancher Haushalt im kleinen Ort zwei Dörfer weiter. Es würde sich anbieten, Dorfbüros mit anderen Dingen zu verbinden, die im ländlichen Raum Förderung erfahren. Landärzte werden vermutlich in Zukunft Apps einsetzen, denn Telemedizin ist im Kommen. Wie gut wäre es, ITler in der Nähe zu haben? Ein Dorfbüro unweit der Praxis wäre praktisch. Innovatives Arbeiten und medizinische Versorgung. Weniger Staus und mehr Zeit für die Familie. Setzt man es richtig um, so kann Coworking im ländlichen Raum noch sinnvoller sein als in der Stadt.