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Reihe: Die neuen Dorf-Büros 3/3: Buch

In der Ortsgemeinde Buch im Hunsrück entsteht eines der drei neuen Dorf-Büros.

Wir haben mit Andreas Christ, dem kreativen Kopf hinter dem ‚H39- Work in Pies, Coworking in Buch‘ ein kurzes Interview über die Beweggründe für ein Dorf-Büro, die Wünsche und Herausforderungen geführt.

Was war eure Motivation für eine Bewerbung als Dorf-Büro?

Wir suchen als sehr kleine Gemeinde immer nach positiven Impulsen, um unser Dorf lebenswert und attraktiv für die Bewohnerinnen und Bewohner zu halten. Buch ist ein richtiges Pendlerdorf, die allermeisten fahren morgens aus dem Ort raus in die Zentren und nicht wenige davon verbringen viel Zeit auf der Straße. Frankfurt, der Köln-Bonner Raum, Koblenz, der Flughafen Hahn und Trier sind tägliche Ziele für viele Pendler. Mit dem jungen und innovativen Gemeinderat und Ortsbürgermeister sind wir auf die Ausschreibung aufmerksam geworden und haben dabei direkt an eine vorhandene Fläche in Gemeindebesitz gedacht, für die wir sowieso eine neue Aufgabe gesucht haben. Um den Jahreswechsel 2019/2020 – also noch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie – hatten wir mit den Gedankenspielen begonnen und grundsätzlich im Gemeinderat beschlossen, dass wir uns bewerben wollen.

Welche Erwartungen für eure Gemeinde habt ihr an das Dorf-Büro? Welche positiven Auswirkungen erhofft ihr euch?

Als Pendler-Dorf mit einigen kleineren Unternehmen, Selbstständigen und Freischaffenden wollen wir einen Raum schaffen, in dem sich die zusammenfinden können, die eine professionelle Fläche benötigen, die sie zu Hause aus verschiedenen Gründen nicht finden. Wir rechnen damit, dass viele Pendler die neu entdeckten Home Office-Möglichkeiten in unserem Dorf-Büro in professioneller Umgebung nutzen werden.  

Hieraus können sich sicherlich viele neue Ideen und Kooperationen, aber auch Netzwerke formen. Diese Möglichkeiten kann man mit keinem Geld der Welt bezahlen. Und ganz nebenbei entsteht mitten im Dorfkern ein neues Zentrum, wo sich jüngere und ältere gemeinsam an die Arbeit machen und ins Gespräch kommen.

Wie wird das Dorf-Büro ausgestattet sein? Wie viele Arbeitsplätze?

Wir richten aktuell 7-8 Arbeitsplätze ein, einen Meeting-Raum und einen Kommunikationsbereich, der einem kleinen Bistro ähneln wird. Zusätzlich haben wir im Nachbargebäude noch einen großen Raum, der für größere Meetings, Seminare oder Workshops, Mitarbeiterschulungen oder andere Veranstaltungen genutzt werden kann. Sollte die Nachfrage nach Arbeitsplätzen die vorhandenen übersteigen, kann dort hin ausgewichen werden.

Außerdem wird es im Außenbereich eine Sitzecke geben, die als Arbeitsplatz bei sonnigem Wetter, als Telefonplatz oder auch für Events des Coworking-Spaces genutzt werden kann.

Ergänzt durch Möglichkeiten für Catering, professionelle Veranstaltungsberatung durch einen Coworker, Zugriff auf weitere Räumlichkeiten und schnelle Internetanbindung mit 100 Mbit/s steht kaum einer Planung etwas im Wege. Sogar mit Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste kann im Ort aufgewartet werden.

Im Prinzip bieten wir so auf kleinem Raum all das an, was ein großer Coworking-Space in den Städten bieten kann.

Wie haben die Bürgerinnen und Bürger reagiert, als Sie erfahren haben, dass ein Dorf-Büro in eurer Gemeinde eingerichtet wird?

Bis heute fragen sich noch einige, wer denn die Arbeitsplätze genau nutzen soll – aber genauso viele wissen auch, dass sie unser Angebot wie für sie geschaffen ist.

Die Corona-Pandemie hat allen aufgezeigt, ob Home-Office etwas für sie ist oder nicht. Und welche großen Vorteile es bringt, wenn man sich Pendelwege (ab und zu) sparen kann. Es spart Geld, es schont die Umwelt und vor allem: Es spart Zeit!

Seit dem sind die kritischen, grundlegenden Fragen eigentlich verschwunden und die Menschen erkennen den Bedarf für ein Dorf-Büro noch deutlicher.  

Viele Bürgerinnen und Bürger sehen in dem Projekt – auch wenn sie es vielleicht gar nicht (mehr) nutzen werden – eine gute Idee und begleiten den Umbau und das Konzept gespannt mit. Das Team zum Coworking Space in Buch wird in der ganzen Region auf das Projekt angesprochen und bestärkt das moderne, innovative Wirken im Ort.

Und das tolle ist: Alle, die etwas beitragen können, packen mit an. Am Umbau sind viele heimische Handwerksbetriebe und Lieferanten beteiligt. Wir freuen uns und sind auch ein bisschen baff, was ein so kleiner Ort alles aus sich selbst heraus bewerkstelligen kann, wenn es ein gemeinsame Ziel und Anliegen gibt.

War das Konzept eines Dorf-Büros/Coworking-Spaces bekannt?

In der Bevölkerung war das Konzept eher wenig bekannt, im Gemeinderat hatten aber bereits 2 Personen in ihrem beruflichen Leben Erfahrung mit Coworking gesammelt.

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, das Konzept „Coworking“ grundlegend zu erklären, vorzuleben und so Verständnis dafür zu schaffen. Wir verlassen uns nicht darauf, dass sich das von selbst erklären wird.

Warum ist Ihre Region besonders für das Dorf-Büro geeignet?

Der Hunsrück ist eine Pendlerregion – und das bedeutet für viel Menschen oft ziemliche weite Strecken, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Gruppe der Personen, die durch einen Arbeitsplatz im eigenen Wohnort profitieren könnten, ist hier ganz besonders hoch. Daher ist das Potential gewaltig!

Arbeiten am Bucher Weiher (Foto: EA)

Buch hat sich schon seit einigen Jahrzehnten an neuen Entwicklungen beteiligt, achtet auf die eigene Infrastruktur und prüft ständig, wie man die Angebote für die Bürgerinne und Bürger verbessern kann. Und das gilt für die ganze Region. In Kastellaun ist ein robustes Unterzentrum etabliert, das alles nötige für die eigene Versorgung vorhält in nur 4 km Entfernung. Damit ist alles da, was man zum täglichen Leben benötigt und zusätzlich ganz viel Platz, Luft und Gelegenheiten für Kultur, Freizeit und Erkundungen.

Die touristische Einbettung des Hunsrücks macht den Coworking-Space sogar für die interessant, die zu Besuch in der Region sind und mal einen Tag die Arbeit nicht ganz vergessen können oder wollen. 

Welche Aspekte liegen euch beim Dorf-Büro besonders am Herzen?

Wichtig ist uns eine professionelle und moderne Einrichtung im historischen Fachwerkhaus und eine aktive Gemeinschaft, die sich gegenseitig unterstützt. Daher suchen wir aktiv die Kooperation mit Partnern, die den Coworkern gute Angebote machen können und Gelegenheit gibt, an bereits bestehende Netzwerke im Hunsrück anzuknüpfen. Da ist vor allem der Regionalrat Wirtschaft und die Initiative „Gelobtes Land“ zu nennen. Diese bringen diejenigen zusammen, die aus dem Hunsrück etwas machen wollen und ihn bewusst zu ihrer Heimat gemacht haben. Diese Netzwerke sind uns besonders wichtig und durch nichts zu ersetzen-

Nicht zuletzt sollen aber durch den Coworking-Space und die Netzwerke auch immer wieder moderne Impulse ins Dorf kommen, Weiterentwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt und spannende neue Projekte geboren werden.

Wie wollt ihr das Dorf-Büro bekannt machen? Was macht ihr bereits?

Wir sprechen bei jeder Gelegenheit darüber und werden auch bei jeder Gelegenheit darauf angesprochen. Nach einer anfänglichen Presseberichterstattung über den Zuschlag haben wir bei Facebook und Instagram regelmäßig über die neuen Entwicklungen in der Umbauphase berichtet. Aktuell bauen wir eine eigene Webseite auf und etablieren einen Newsletter, in den man sich eintragen kann.

Bei den Netzwerken in der Region kommen wir nach und nach weiter und knüpfen die ersten konkreten Kontakte. Außerdem planen wir selbst Angebote für die kleinen und kleinsten Unternehmen zu schaffen, bei denen ein Unternehmeraustausch im Zentrum stehen wird.

Im Vorfeld der Eröffnung starten wir auch die Online-Marketing-Kampagne, die stetiger Begleiter bleiben wird. Außenwerbung am Gebäude ist ebenso geplant wie Beilagen im hiesigen Mitteilungsblatt, kleine Events (sofern unter Pandemie-Bedingungen möglich) und die konsequente Vertretung bei den Vernetzungstreffen in der Region mit Teilnahmen, Infoständen oder Werbemitteln.

Wie stehen die Unternehmen in der Region zum Dorf-Büro?

Die Unternehmen begrüßen die Idee. Einige Unternehmen im Dorf profitieren direkt vom Dorfbüro, in dem sie Aufträge beim Umbau oder für Events bekommen haben oder konkrete Nutzer sein möchten für Arbeitsplätze und/oder Nutzung der Meeting-Möglichkeiten. Bisher ist uns kein Unternehmen bekannt, das der Sache negativ gegenübersteht.

Wer sind die Köpfe hinter dem neuen Dorf-Büro?

Die Köpfe hinter dem Dorf-Büro (v. l. n. r. Christian Keimer, Andreas Christ, Tobias Vogt, Dominic Daub)

Hinter dem Dorfbüro steht der gesamte Gemeinderat mit seinen Beschlüssen zu Bewerbung und Einrichtung. In der direkten Umsetzung sind vor allem der Ortsbürgermeister Tobias Vogt (32) und Unternehmer Andreas Christ (34) aus Buch aktiv. Beide haben das Projekt maßgeblich entwickelt und vorangetrieben. Sie werden nicht nur Anbieter sein, sondern können sich auch konkret das Arbeiten im eigenen Coworking-Space vorstellen. Mit intensiver Unterstützung der Verbandsgemeindeverwaltung mit Verbandsbürgermeister Christian Keimer und dem Leiter des Bürgermeisterbüros Dominic Daub hat das Team eine schlagkräftige Unterstützung, sind doch die Planung der Ortsgemeinde immer im ehrenamtlichen Raum entstanden und konnten von der VG professionell ergänzt und mitberaten werden.

Das ‚H39- Work in Pies‘ findet ihr auf der Hauptstraße 39 in 56290 Buch.

Folgt dem H39 auf den sozialen Medien und auf der Homepage: www.h-39.de